Berliner Brücke

Ein Schalke ohne Schranken

Jahrzehntelang ist Schalke geteilt: Die Gleise der Zeche Consolidation trennen den Norden vom Süden. Wer vom Schalker Markt zur Kampfbahn Glückauf will, braucht Glück. Denn Bahnschranken versperren den Weg mehrmals am Tag. Erst mit der Berliner Brücke ist die Schalker Teilung endlich überwunden.

Die Schranken sind tatsächlich weg. Etwas ungläubig laufen die Menschen über die neue Brücke. Zum ersten Mal sehen sie das Schalker Herz von oben, dieses wirre Geflecht aus Öfen, Fördertürmen, Straßen, Wohnhäusern und vor allem: Schienen. Insbesondere fällt ihnen der dicke Strang auf, der mehrgleisig von der Zeche Consolidation 1/6 hin und weg führt. Auf Höhe des Schalker Markts kreuzen die Gleise die Kaiser-Wilhelm-Straße. Wie oft mussten die Schalker an diesem beschrankten Bahnübergang warten? Täglich fahren die Züge mit der Kohle von Consol hier durch. Im Volksmund hießen die Schranken nur die “Glückauf-Schranken”: Man musste Glück haben, dass die Schranken auf sind. Wie oft verpassten arme Pechvögel den Anstoß in der Glückauf-Kampfbahn, weil die Schranken unten waren?

Die Berliner Brücke sollte Gelsenkirchen und den Stadtteil Schalke in eine “autogerechte” Zukunft führen. Das Auto war immer verbreiteter, durch das Wirtschaftswunder konnten sich mehr Menschen einen fahrbaren Untersatz leisten. Zwischen 1950 und 1959 stieg die Zahl der zugelassenen Autos in der Bundesrepublik von 518.000 auf 3,5 Millionen. Ein Stück des alten Schalkes fiel dieser Veränderung zum Opfer: Die letzten prachtvollen Bauten an der Kaiserstraße mussten der neuen vierspurigen Straße weichen. Und der Schalker Markt verschwand völlig im Schatten des neuen Stahlkolosses. Heute ist das Verkehrsaufkommen auf der vierspurigen Kurt-Schumacher-Straße eine große Belastung für die Anwohner und die Umwelt. Auf den Schienen fahren kaum noch Züge. Der Zweck der Brücke ist damit weggefallen. Vielleicht gibt es im Schalke der Zukunft keine Berliner Brücke mehr. Entlang der Schalker Meile hinter dem nördlichen Ende der Berliner Brücke, wird bereits überlegt, wie Schalke ohne Berliner Brücke und mit einer zweispurigen Kurt-Schumacher-Straße aussehen könnte.

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